Die österreichische Limited nach dem Brexit

In der letzten Dekade galt sie als günstige Alternative zur österreichischen GmbH. Neben ihrem
Ruf als Briefkastengesellschaft war sie bei jungen Unternehmern und Startups sehr beliebt. Die
Rede ist von der britischen Limited mit Verwaltungssitz in Österreich (oder der
„österreichischen Limited“).

In Österreich muss bei der Gründung einer GmbH ein Mindeststammkapital in die Gesellschaft
eingebracht werden. Außerdem fallen Kosten für den Notariatsakt an (zur notariellen
Beurkundung des Gesellschaftsvertrags). Im Gegensatz dazu reicht zur Gründung einer
britischen Limited ein britischer Pfund als Stammkapital. Mit der Entrichtung einer Gebühr und
Eintragung in das englische Gesellschaftsregister wurde der Wunsch der eigenen
Kapitalgesellschaft Realität – mitsamt kapitalgesellschaftstypischer Haftungsbeschränkung und
eigener Rechtspersönlichkeit. Gestützt auf die Niederlassungsfreiheit, betrieben viele
Unternehmer ihre englische Limited in Österreich – sie hatten beispielsweise einen
Hauptverwaltungssitz in Grinzing, 1190 Wien. Hier genoss die Limited die gleichen Rechte wie
in Großbritannien.

Durch den Brexit geriet die Beurteilung der „österreichischen Limited“ ins Wanken. EU-Recht
ist nunmehr nicht anwendbar. Gab es eine Übergangsfrist für die Limited mit Hauptverwaltung
in Österreich? Ist sie weiterhin eine Kapitalgesellschaft? Bleibt die Haftungsbegrenzung der
Gesellschafter gesichert? Mit welchen Konsequenzen muss ich als Gesellschafter rechnen?
In den folgenden Absätzen möchten wir Ihnen einen groben (aber nicht abschließenden)
Überblick geben.

Übergangsfrist

Das Austrittsabkommen zwischen der EU und Großbritannien sah eine Übergangsfiktion bis
31.12.2020 vor. Bis dahin hatten alle Unternehmer die Möglichkeit auf die geänderten
politischen und wirtschaftlichen Veränderungen zu reagieren. In Österreich wurde zusätzlich
das (schlussendlich nicht in Kraft getretene) Brexit Begleitgesetz 2019 beschlossen, um die
gleichlautende Übergangsfiktion für den Fall eines Hard Brexit zu normieren.

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Die „österreichische Limited“ wird zur GbR

Der Oberste Gerichtshof sorgte allerdings mit seiner Leitentscheidung zur österreichischen
Limited (9 Ob 21/74d) nicht für das erhoffte Aufatmen. Ganz im Gegenteil! Eine Limited mit
Verwaltungssitz in Österreich wird als Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemäß § 1175 ABGB
behandelt – eine österreichische Limited mit nur einem einzigen Gesellschafter ist ein
Einzelunternehmer. Was wie eine Formalität klingt, hat weitreichende Konsequenzen.

Die „österreichische Limited“ wird fortan als Personengesellschaft klassifiziert. Durch die
Beurteilung als Gesellschaft bürgerlichen Rechts verlieren alle Gesellschafter ihre Haftungsbeschränkung und die österreichische Limited verliert ihre Rechtsfähigkeit in
Österreich. Der Verlust der Rechtsfähigkeit geht (von Ausnahmen abgesehen) grundsätzlich mit
dem Verlust der Parteifähigkeit einher. Klagen oder beklagt werden können nunmehr nur die
Gesellschafter als natürliche Personen.

Haftung der Gesellschafter

Alle Gesellschafter haften nun unmittelbar, unbeschränkt und solidarisch gegenüber den
Gläubigern ihrer Limited. Das bedeutet, dass Sie als Gesellschafter von der Zahlungsfähigkeit
ihrer Mitgesellschafter abhängig sind und im Falle eines Ausfalls einspringen müssen.
Insbesondere für Minderheitengesellschafter kann dies ein Problem darstellen, weil sie wenig,
bis keinen Einfluss auf die Geschäftsführung ausüben können und trotzdem das gesamte
Haftungsrisiko tragen.

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Limited ist nicht gleich Limited

Dieser Artikel bezieht sich ausschließlich auf die „österreichische Limited“. Diese ist zwar in
Großbritannien registriert, hat allerdings ihre Hauptverwaltung in Österreich. Nur sie wurde
vom obersten Gerichtshof als Gesellschaft bürgerlichen Rechts behandelt. Demgegenüber ist
eine „echte“ britische Limited, die eine Zweigniederlassung in Österreich betreiben kann,
weiterhin nach britischem Recht zu behandeln.

Beispiel:

Herr A und Frau F führen einen Großhandelsbetrieb in Wien. Die beiden haben dafür die AF Ltd
im Jahr 2012 in Cardiff registriert und halten jeweils 50 Prozent an der Gesellschaft. Sie hatten
allerdings niemals ihren Unternehmenssitz in Großbritannien. Die AF Limited ist somit eine
„österreichische Limited“, weil sie Ihre Geschäftsentscheidungen hier trifft. Da sie bis zum
vollzogenen Brexit weder eine Umgründung, Einbringung, Liquidation oder Sitzverlegung
angestrengt haben, gelten sie nun als Gesellschaft bürgerlichen Rechts in Österreich. Dadurch
verlieren sie ihre Haftungsbeschränkung. Verlangt der Gläubiger X Zahlung kann er den
Gesamtbetrag sowohl von Herrn als auch von Frau F fordern.

Es freut uns sehr, wenn Sie aus diesem Artikel etwas für sich mitnehmen können. Wir hoffen,
dass Ihnen dieser Kurzartikel gefallen hat und wir Sie bald mit unserem nächsten Beitrag
begrüßen dürfen!

Für den Inhalt des vorliegen Beitrags übernehmen Herausgeber und Urheber keine Gewähr.

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